Vermächtnisse ausrichten


Der Willensvollstrecker hat die Pflicht, die Vermächtnisse aus­zu­rich­ten ... Er darf dies aber erst tun, wenn diese fällig sind, was gewöhnlich nach Annahme der Erbschaft der Fall ist (Art. 562 Abs. 2) ... Problematisch ist es für den Willensvollstrecker, wenn das Vermächtnis zwar fällig ist, er aber wegen möglicher Anfechtungsklagen ... die Jahresfrist (vgl. etwa Art. 533 Abs. 1 ZGB) abwarten muss ... 


Der Willensvollstrecker darf die Vermächtnisse zudem nur auszahlen, wenn sie den Pflichtteil des (oder der) Beschwerten nicht verletzen ... Wenn Pflicht­teile (mög­licherweise) verletzt sind, hat der Willens­vollstrecker die Be­schwerten auf die­se Rechtslage hinzuweisen (Art. 517–518 N 225) und ihnen Gelegenheit zu geben, ge­gen die Ver­mächt­nis­neh­mer eine Herabsetzungs­klage zu führen ... 


Der Willensvollstrecker darf die Vermächtnisse nur ausrichten, wenn da­ne­ben genügend Mittel zur Deckung der Erbschafts­schul­den vorhanden sind (Art. 564 Abs. 1 ...) ... Der Willensvollstrecker hat die Vermächtnisse auszurichten, bevor die Erb­schaft verteilt wird (Art. 518 Abs. 2 ...) ... 


Der Willensvollstrecker kann die Begünstigten nicht bestimmen ... Der Willensvollstrecker kann auch den Inhalt des Vermächtnisses nicht er­gänzen  ... Bei Auslegungsproblemen kann der Willensvollstrecker deshalb auf die Mit­wirkung der Beschwerten und Begünstigten angewiesen sein, um das Ver­mächt­nis ausrichten zu können" (Hans Rainer Künzle, Berner Kommentar zur Willensvollstreckung, Bern 2011, Art. 517-518 ZGB N 287-292).